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Interior Designerin erklärt

Was ist eigentlich eine „Frankfurter Küche“?

Moderne Einbauküche in Weiß
Moderne Küchen orientieren sich in Ästhetik und Funktion am Urmodell der Frankfurter Küche Foto: Getty Images/Switlana Symonenko
Odett Schumann
Autorin

03.04.2023, 14:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Die „Frankfurter Küche“ löste einst die geräumige Wohnküche ab und gilt bis heute als Prototyp der modernen Einbauküche. Überzeugend ist vor allem der Fokus auf Ästhetik und Funktion. Was macht das Küchenmodell so besonders? Und wer hat es entworfen?

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Was heute die Einbauküche in vielen Wohnungen ist, war einst die sogenannte „Frankfurter Küche“. Entworfen wurde sie von der jungen Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzki, die damit vor allem den sozialen Wohnungsbau unterstützen wollte. Mit voranschreitender Industrialisierung wurde der Platzmangel im urbanen Raum der 1920er-Jahre ein immer größer werdendes Problem. Es brauchte innovative Einrichtungslösungen – und Schütte-Lihotzki hatte eine.

Wie kam es zur „Frankfurter Küche“?

Heute – fast 100 Jahre später – gilt die Frankfurter Küche als Urmodell der modernen Einbauküche. Von 1926 bis 1930 wurde sie im Rahmen des sozialen Siedlungsbauprojekts „Das Neue Frankfurt“ in der Metropolregion am Main in mehr als 10.000 Sozialwohnungen verbaut.

Weil Wohnraum zu jener Zeit immer mehr an Wert gewann, musste er gleichzeitig auch immer sinnvoller aufgeteilt werden und das idealerweise mit minimalen Mitteln. Schütte-Lihotzki entwickelte hierfür ein Küchenkonzept für eine Fläche von 6,5 Quadratmetern (3,44 x 1,87 Meter).

Gleichzeitig war es auch der Gedanke, den modernen Frauen, die im Zuge der Industrialisierung mehr und mehr in die Erwerbstätigkeit strömten, die zusätzliche Hausarbeit zu erleichtern, indem Bewegungsabläufe innerhalb der Küche optimiert wurden. Bis heute steht die „Frankfurter Küche“ für funktionalistische Ästhetik.

Wer war Margarete Schütte-Lihotzki?

Margarete Schütte-Lihotzky
Die Wiener Architektin und Pionierin Margarete Schütte-Lihotzky entwickelte einst die „Frankfurter Küche“ Foto: picture-alliance/dpa | Ulrich_Schnarr

Als Tochter eines liberalen Wiener Staatsbeamten ging Margarete Schütte-Lihotzky schon früh ihren ganz eigenen Weg. Gegen den Willen ihrer Familie studierte sie als erste und einzige Frau Architektur an der Kunstgewerbeschule in Wien. Bereits während ihrer Studienzeit engagiert sie sich sozial, gewinnt zahlreiche Auszeichnungen und beginnt allmählich die Rolle sowie die Hausarbeit der Frau zu überdenken.

Später dann holt sie Ernst May, ein deutscher Architekt und Leiter des Hochbauamtes der Stadt Frankfurt, von Österreich nach Deutschland. Er macht Schütte-Lihotzky zur Leiterin der Unterabteilung Hausrat, woraufhin sie kurz darauf mit dem Entwurf der „Frankfurter Küche“ begann.

An Effizienz und Zeit gewinnen

Schütte-Lihotzky erkannte, dass es in Zeiten des Massenwohnungsbaus notwendig war, die gewohnte Aufteilung des häuslichen Bereichs neu zu denken. Entsprechend musste künftig die „Frankfurter Küche“ die nicht mehr zeitgemäße Wohnküche ablösen, um so wertvollen Wohnraum einzusparen.

Und weil Frauen immer öfter, genau wie der Mann, erwerbstätig waren, sollte die Küchenarbeit an Effizienz bzw. die moderne Hausfrau an Zeit gewinnen. Der damaligen Ansicht nach konnte sie sich so noch ausreichend um Haushalt und Kinderbetreuung kümmern. Damit sollte die Frankfurter Küche perfekt zur neu aufkommenden weiblichen Lebenssituation passen.

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Was machte die „Frankfurter Küche“ so einzigartig?

Frankfurter Küche
Eine Rekonstruktion der Frankfurter Küche von 1926 Foto: action press

Akkurat durchdacht, konnten in der „Frankfurter Küche“ alle Hausarbeiten und dafür benötigten Geräte praktisch verrichtet als auch verstaut werden. Schmal im Schnitt ließ sich auf beiden Längsseiten problemlos arbeiten. Aufgrund von Tageslicht befand sich auch unter dem Fenster eine ausklappbare Arbeitsfläche. Dazu wurde ein höhenverstellbarer Drehstuhl kombiniert, um so alle Tätigkeiten im Sitzen ausführen zu können.

Auch ein Bügelbrett an der Wand ließ sich bei Bedarf herunterklappen. Über den Schubladen fanden sich ausziehbare Arbeitsflächen zum Schneiden von Fleisch und Gemüse. Statt störender Schwenktüren versah Schütte-Lihotzky sämtliche Schränke mit Schiebeelementen. Im Topfschrank stapelten sich die dazugehörigen Deckel zwischen einzelnen Stangen.

Neben der Spüle gab es eine Abstellfläche mit Längsrillen, wodurch das Geschirr einfach abtropfen und das Wasser direkt ins Becken ablaufen konnte. In einem System aus 18 Aluminiumschütten wurden übersichtlich Reis, Gries, Linsen, Erbsen und Co. aufbewahrt.

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Als Prototyp der Einbauküche in Erinnerung

Alles in der „Frankfurter Küche“ war also in Reichweite und konnte mit nur wenigen Handgriffen erledigt werden, was der Frau von damals viel Zeit bei der Hausarbeit sparte. Doch so praktisch wie sie schien, war jenes Küchenmodell dennoch nicht für jede Schicht gedacht. Sie wurde lediglich in den Frankfurter Siedlungen für die Mittelschicht sowie die Arbeiterklasse verbaut.

Dadurch wurde für einen Großteil der Bevölkerung günstiger und zweckmäßiger Wohnraum sichergestellt. Denn auch bei der Materialauswahl war man auf Einfachheit bedacht: Lackiertes Holz und Griffe aus Aluminium prägten die damalige Küchenausstattung. Und weil der Aufbau standardisiert war, konnte man in Serie fertigen und entsprechend Produktionskosten sparen. Aufgrund ihres starren Konzepts konnte sich die „Frankfurter Küche“ allerdings nicht weiter durchsetzen, bleibt aber bis heute als Prototyp der Einbauküche in Erinnerung.

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