
6. Mai 2025, 13:12 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
„Terra Preta“ heißt auf Portugiesisch „Schwarze Erde“ und ist eine uralte Technik von Amazonas-Ureinwohnern. Die Methode soll eine nährstoffreiche Grundlage für Pflanzen bieten – ganz ohne Kunstdünger. myHOMEBOOK hat bei einer Expertin nachgefragt, wie die Technik funktioniert, worauf es dabei ankommt und wie man den natürlichen Dünger selbst herstellt.
In den 1960er-Jahren machten Forscher im Amazonasgebiet eine überraschende Entdeckung: Entgegen der üblichen Beschaffenheit des Bodens im südamerikanischen Regenwald – der durch den stetigen Regen meist hell und nährstoffarm ist – stießen sie auf eine tiefschwarze, äußerst fruchtbare Erde. Sie nannten sie „terra preta de indio“. Diese humusreiche Erde kann Wasser und Nährstoffe besonders gut und langfristig speichern, ihre dunkle Farbe stammt von beigemischter Pflanzenkohle. Was die Wissenschaftler damals fanden, war eine jahrtausendealte Anbaumethode indigener Völker, die nicht nur wertvolle Rückschlüsse auf deren landwirtschaftliche Praktiken ermöglichte, sondern später auch erforscht, nachgebildet und unter dem Namen „Terra Preta“ vermarktet wurde.
„Terra Preta“ – natürlicher Dünger aus Pflanzenkohle
„Terra Preta“ lohnt sich tatsächlich auch für den Privatgebrauch. „Diese Technik ist auch für Hobby-Gärtner empfehlenswert, da sie sich über Jahrtausende hinweg bewährt hat“, erklärt Dr. Susanne Veser vom Fachverband Pflanzenkohle e.V. auf myHOMEBOOK-Anfrage. Die mit Nährstoffen versetzte Pflanzenkohle bleibt im Boden über viele Jahre erhalten, man spart sich dadurch lästiges Düngen. Auch der Geldbeutel wird dadurch geschont, da die Ausgangsmaterialien bei Gartenarbeiten ohnehin anfallen. Lediglich alle zwei bis drei Jahre sollten der Schwarzerde neue Nährstoffe zugefügt werden.
Das Geheimnis von „Terra Preta“ steckt in der sehr porösen Pflanzenkohle mit seiner speziellen Oberflächenbeschaffenheit. Die Kohle speichert darin große Mengen an Nährstoffen, die ansonsten aus dem Boden ausgespült werden würden.
So wird „Terra Preta“ hergestellt
Um die Erde im Amazonasgebiet urbar zu machen, mussten die Ureinwohner sie mit Nährstoffen anreichern. Dabei behalfen sie sich einer simplen, wenn auch nicht gerade appetitlichen Lösung: Sie mischten organische Abfälle, Fäkalien und Holzkohle in großen Tongefäßen. Durch die Zugabe von Holzkohle kam es zu keinerlei Fäulnisbildung, zudem verhinderte sie eine allzu starke Geruchsentwicklung.
Das Ergebnis vergruben sie in der Erde, die dadurch fruchtbar wurde – und zwar über einen langen Zeitraum hinweg. Nachträgliches Düngen war nicht mehr notwendig, da die Pflanzenkohle viele Jahre im Erdreich erhalten blieb und sich kaum zersetzte.
Schwarzerde auch heute noch gefragt
Die Schwarzerde aus organischen Abfällen und Pflanzenkohle erfreut sich auch hierzulande einer immer größeren Beliebtheit, wie der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) berichtet. Auch in den Regalen von Baumärkten und Gartencentern kann man mittlerweile ein Substrat namens „Biochar“ finden, das die Wirkung von „Terra Preta“ nachahmen soll.
Es handelt sich dabei jedoch nicht – wie oft fälschlicherweise angenommen – um den echten und humusreichen Boden aus dem Amazonas. Das schwarze Pulver aus Pflanzenkohle-Basis soll vielmehr den Humusaufbau fördern und den Boden dadurch fruchtbarer machen.
Veser empfiehlt, auf zertifizierte Pflanzenkohle zu achten. Das EBC-Siegel („European Biochar Certificate“) garantiert eine hohe Absorptionsfähigkeit und eine schadstofffreie Düngewirkung. Von günstigeren Produkten ohne Zertifikat sollte man lieber die Finger lassen, meint die Verbandsvorsitzende.
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Wichtig: Pflanzenkohle vor dem Einsatz aktivieren
Bevor die Pflanzenkohle richtig eingesetzt und zu „Terra Preta“ wird, muss sie aktiviert werden, da sie ansonsten die Nährstoffe im Erdreich bindet und nicht an die Pflanzenwurzeln abgeben kann. Deshalb wird sie vorab mit Mikroorganismen „aufgeladen“, zum Beispiel beim gemeinsamen Kompostieren mit organischem Material.
Die Kohle saugt sich über Monate hinweg mit Nährstoffen voll, mit denen sie anschließend die Pflanzenwurzeln versorgt. Die Pflanzenkohle bleibt über 2000 Jahre stabil, muss jedoch nach einiger Zeit erneut aktiviert werden. „Alle zwei bis drei Jahre sollte man nachdüngen“, empfiehlt Veser.
Eignet sich auch normale Grillkohle?
Im Grunde wird Pflanzen- und Grillkohle ähnlich hergestellt: Organische Stoffe werden unter Sauerstoffabschluss langsam verkohlt. Auch Heu eignet sich als Grundlage für Pflanzenkohle. Doch weder Pflanzen- noch Grillkohle dient automatisch als Dünger – ganz im Gegenteil! Wenn Holz verkohlt, können giftige Kohlenstoffverbindungen und Dioxine entstehen.
Die fertig erhältliche und zertifizierte Pflanzenkohle wird hingegen regelmäßig auf ihren Schadstoffgehalt überprüft. Das schlägt sich auch im Preis nieder: Zehn Liter „Terra Preta“-Substrat kosten rund 15 Euro.
Darum ist Pflanzenkohle so gut für die Umwelt
Wenn Gartenbesitzer statt zu industriell hergestelltem Kunstdünger zur pflanzlichen Alternative greifen, fördern sie nicht nur das Wachstum im eigenen Garten, sondern tun auch der Umwelt und dem Klima etwas Gutes. Durch die Pyrolyse, also dem Herstellungsprozess der Kohle, wird Kohlenstoff langfristig gebunden. Da diese unter Luftabschluss stattfindet, wird kein CO2 an die Atmosphäre abgegeben. Experten sprechen dabei von „Decarbonisierung“. Beim einfachen Verrotten von organischem Material hingegen wird CO2 an die Atmosphäre abgegeben.
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So stellen Sie „Terra Preta“ selbst her
Wie der Fachverband Pflanzenkohle e.V. informiert, können Gartenliebhaber nicht nur das anwendungsfertige Substrat kaufen, sondern auch selbst produzieren. Das Beste daran: Die pflanzlichen Materialien fallen während der Gartenarbeit über das Jahr hinweg automatisch an und können anschließend recycelt werden. Allerdings braucht man dafür einen sogenannten „Kon-Tiki“, also einen kleinen Pyrolyse-Meiler in Kesselform. So geht’s:
- Äste und Zweige sammeln, die vom Baum – oder Heckenschnitt übrig bleiben
- Im Kon-Tiki verkohlen Sie das organische Material unter Ausschluss von Sauerstoff und bei großer Hitze
- Beim Kompostieren organisches Material (Küchenabfälle, Rasen- oder Baumschnitt) 20 Zentimeter aufschichten
- Dünne Schicht der Pflanzenkohle darüber verteilen und wiederholen
- Verhältnis: 10 Prozent Pflanzenkohle, 90 Prozent organisches Material
- Steinmehl und effektive Mikroorganismen fördern die Rotte und reichern den Kompost mit Mineralien an
- Haufen mit reifem Kompost, Erde und Zweigen luftdicht abdecken
- Mit Brennnesseljauche übergießen, um Kompost mit Flüssigkeit und Mikroorganismen zu versorgen
- Alle paar Tage Feuchtigkeit kontrollieren und gegebenenfalls nachgießen, um die Rotte voranzutreiben
Anschließend heißt es Abwarten: Der Kompost muss nun sechs bis zwölf Monate reifen. Danach kann man die fertige „Terra Preta“ entweder im Herbst oder im Frühjahr locker in die Erde einarbeiten und mit Mulch bedecken. Rechnen Sie mit rund fünf bis zehn Litern Schwarzerde pro Quadratmeter.

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Einfachere Methode als Alternative
Alternativ kann man das organische Material auch in einem geeigneten Erdloch im Garten verkohlen. Oder man verwendet eine Feuerschale. Vor allem das Holz von Obstbäumen bietet sich an, aber auch Eiche oder Robinie – dieses Holz glüht vergleichsweise lange. Und darauf kommt es nämlich an: Das Holz sollte lange und heiß glühen, nicht einfach nur verbrennen. Dann sollte man die Glut ersticken, wenn sie richtig heiß ist, bestenfalls direkt mit Komposterde. Im Anschluss bleiben leichte Kohlestücke zurück, die sich leicht zerbröseln lassen.
Tipp: Die Pflanzenkohle kann man auch im Bokashi aktivieren. Auch hier vermengen Sie Küchenabfälle mit zehn Prozent Pflanzenkohle und fermentieren das Gemisch unter Sauerstoffabschluss. Hier erfahren Sie mehr über den Bokashi-Komposter.