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Erklärt

Warum gibt es in manchen Altbauten eine verschlossene Tür im Treppenhaus?

Außenklo im Treppenhaus in Berlin
Die Tür in der Mitte ist verschlossen, links und rechts wohnen Mieter. Was hat es damit auf sich? Foto: myHOMEBOOK
Felix Mildner
Redaktionsleiter

19.11.2021, 10:35 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten

Vor allem in Berliner Altbauhäusern trifft man sie an: mysteriöse Türen, die sich im Treppenhaus zwischen zwei Wohnungen befinden, aber nicht zugänglich sind. Wo führen Sie hin? Und was hat es damit auf sich?

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Viele laufen täglich an den Türen vorbei, treppauf oder treppab, an denen kein Name steht, und die fest verschlossen sind. In der Regel wiederholt sich die Situation auf jedem Stockwerk: In der Mitte zweier Etagenwohnungen befindet sich eine mysteriöse Tür. Dass dahinter niemand wohnt, wird schnell klar, schließlich gibt es weder Klingel noch Türschild. Lässt man sich von der Neugier leiten und versucht, die Tür zu öffnen, wird man enttäuscht – denn sie ist fest verschlossen. Was hat es mit der Attrappe auf sich? Dahinter steckt ein Relikt aus vergangenen Zeiten, nämlich das sogenannte Außenklo.

Was hat es mit dem Außenklo auf sich?

Heute ist es kaum vorstellbar, dass man für seine Notdurft mit der Klopapierrolle in der Hand seine Wohnung verlassen und das Außenklo aufsuchen musste. Tatsächlich hatten bis vor gar nicht langer Zeit nicht alle Mietwohnungen in den Großstädten eigene Toiletten. Besonders verbreitet sind sie in Altbauen in Berlin, im Osten der Hauptstadt hielten sie sich sogar bis nach der Wende. Wie der Berliner Mieterverein berichtet, zählte man noch im Jahr 1991 im Stadtteil Prenzlauer Berg mehr als 11.000 Wohnungen mit Außenklo – auch „Klo auf halber Treppe“ genannt. Auch in anderen Städten gab es sie – allerdings sind sie vor allem bezeichnet für Berliner Mietshäuser. Und zu Beginn handelte es sich dabei sogar um eine wichtige Errungenschaft.

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Wie entstand das „Klo auf halber Treppe“?

In der Bau-Polizei-Ordnung von 1887 wurde erstmals geregelt, dass die sogenannten „Bedürfnisanstalten und Badestuben“ ein Fenster bräuchten, wodurch Licht und Luft eindringen kann. Baulich bedeutet das, dass der Toilettenraum an einer Außenwand liegen muss. Die Folge: Lange und schmale Räume, die vom Treppenhaus zur Außenmauer reichen. Am Ende befand sich die Toilette, darüber das Fenster, fertig war das Außenklo. Schließlich war damals schon der Wohnraum in den Ballungszentren begrenzt – und die Bauspekulanten wollten möglichst viel Wohnflächen vermieten. Das Ergebnis: Die Mieter auf einer Etage mussten sich das Klo teilen, auch Podest-WC genannt. In manchen Fällen waren es bis zu vier Parteien. Diese Bauweise war auch von der Bau-Polizei-Ordnung gedeckt, denn dort stand nichts davon, dass jeder Mieter eine eigene Toilette haben müsse.

Das Außenklo als Verbesserung der hygienischen Situation

Tatsächlich handelte es sich bei der Einführung der Außenklos um Verbesserungen zur vorherigen Situation. Selbst in gehobeneren Schichten war es zuvor üblich, das Plumpsklo im Innenhof zu benutzen. Dabei handelte es sich um Sickergruben mit einfachen Bretterhäuschen darüber. Mit Einführung der Außenklos musste man zumindest das Mietshaus nicht mehr verlassen, sondern nur noch die Wohnung. Zudem führten die Aborte im Innenhof auch zu hygienischen Problemen, denn hier befanden sich oft auch die Brunnen, um die Bewohner mit Trinkwasser zu versorgen. Krankheiten wie Cholera und Typhus waren die Folge. In den 1880er-Jahren wurden immer mehr Wohnungen in Berlin an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen, sodass sich die Aborte nach und nach in den Innenbereich verlagerten. Allerdings hielten sich die Außenklos noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.

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Was passierte mit der „halben Treppe“?

Laut Zählungen gab es in West-Berlin im Jahr 1968 noch mehr als 110.000 Wohnungen, die keine eigene Toilette hatten, was einem Anteil von 12 Prozent des damaligen Wohnungsmarktes entsprach. Im Osten Berlins überdauerten die Außenklos sogar die Wende. Danach wurden die Wohnungen modernisiert, die Podest-Klos eingerissen und die Wohnfläche den Etagenwohnungen zugeschrieben.

Quelle:
Berliner Mieterverein

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