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Pflanzen, Rankhilfen, Kosten

Kann eine Fassadenbegrünung ein Gebäude kühlen?

Fassadenbegrünung
Begrünte Fassaden in der Oststadt von Hannover Foto: Getty Images / Sebastian Grote

13.07.2023, 16:03 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Fassadenbegrünung ist ein wichtiges Instrument, die Überhitzung der Städte zu verhindern. Dabei kann der Hauseigentümer auch Nutzpflanzen verwenden. Was man dabei beachten muss, erklärt Landschaftsarchitekt Jürgen Eppel vom Bayerischen Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau auf Anfrage von myHOMEBOOK.

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Wer in Duisburg-Baerl lebt, kommt derzeit mächtig ins Schwitzen. Denn in kaum einem anderen Ort in Deutschland ist es derzeit heißer als in dem Stadtteil: 35,7 Grad wurden dort am 8. Juli 2023 gemessen. Der Klimawandel treibt die Temperaturen nach oben, die zubetonierten Städte heizen sich immer weiter auf, Menschen, Tiere und Natur leiden. Bei dauerhafter Sonneneinstrahlung mit den aktuellen Temperaturen kann die Südmauer eines Hauses sich schnell auf 50 bis 60 Grad erhitzen – und eine Stadt hat Tausende solcher Mauern, die wiederum alle diese Hitze abstrahlen. Ein Mittel dagegen: großflächige Fassadenbegrünung.

Die Vorteile einer Fassadenbegrünung

„Die ausgereifte Technik dafür gibt es seit 50 Jahren, doch wir haben bisher praktisch nichts erreicht. Es gibt jedoch bei den Menschen eine Urangst vor Pflanzen, aber jetzt ist die Zeit reif, dass wir bei Begrünungen zu einer Normalität übergehen“, sagt Jürgen Eppel, Leiter des Instituts für Stadtgrün und Landschaftsbau in der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau im fränkischen Veitshöchheim.

Der Landschaftsarchitekt Eppel kämpft leidenschaftlich für die Begrünungen von Dächern und Fassaden, gerade große Flächen von öffentlichen Gebäuden wie Turn- oder Stadthallen oder Rathäusern sollten bepflanzt werden, sagt er. Und Architekten sollten beim Bau von Häusern die Begrünung gleich berücksichtigen. Etwa, indem sie die Befestigungen für Kletterhilfen der Pflanzen einplanen. Bepflanzte Hausmauern sind vielfältiger Umweltschutz. Jürgen Eppel zählt auf, warum:

  • Kühlung des Umfelds durch Transpirationskühlung und die Verschattung der Fassade
  • Förderung der Artenvielfalt: neuer Lebensraum für Pflanzen und Tiere wie Insekten, Vögel oder kleine Säuger
  • Verbesserung der Luftqualität: Pflanzen nutzen Kohlenstoffdioxid, um Sauerstoff zu produzieren und binden Feinstaub und Stickoxide an der Blattoberfläche
  • Dämmung des Gebäudes: die zusätzliche Schicht um das Gebäude spart Kühl- und Heizenergie
  • Schutz der Gebäudehülle: die Fassade wird vor Umwelteinflüssen geschützt, was die Lebensdauer erhöht
  • Etablierung essbarer Pflanzen: Möglichkeit einer Mehrfachnutzung durch den Anbau von Lebensmitteln
  • Gestalterische Möglichkeiten

Passend dazu: Wann es finanzielle Förderung für die Dachbegrünung gibt

Kühlt eine grüne Fassade das Gebäude ab?

Doch eines darf ein Hauseigentümer von einer begrünten Mauer nicht erwarten: dass sie die Temperatur im Haus drastisch senkt. „Mit einer grünen Deckschicht werde ich niemals dieselbe Dämmwirkung erreichen wie mit einer PU-Schaum-Dämmung mit einer Dicke von 8 bis 10 Zentimetern“, erklärt Eppel. „Aber das Grün verlangsamt das Aufheizen der Innenräume des Hauses.“

Trotzdem sprechen die Daten für grüne Mauern: Deren Oberflächentemperaturen können durch den Bewuchs um bis zu 30 Grad, die umgebende Lufttemperatur um bis zu 5 Grad gesenkt werden. Grundsätzlich gilt auch: Je schlechter das Haus gedämmt ist, desto wirkungsvoller ist eine Fassadenbegrünung.

Was aber auch der Eigentümer eines hervorragend gedämmten Hauses spüren wird: Die Anreicherung kühler Luft in der Umgebung des Grüns durch die Verdunstungskälte der Pflanzen, die Co2 in Wasser umwandeln. Wer dann sein Fenster öffnet, kann an heißen Tagen einen angenehm frischen Luftzug genießen.

Was sollten Eigentümer beachten?

Bleibt zu klären, was der Hauseigentümer zu tun – und was er zu vermeiden hat für eine optimale Fassadenbegrünung.

Geeignetes Mauerwerk

Ausschlusskriterium ist eine schadhafte Mauer. Wo schon der Putz abbröckelt oder sich Risse auftun, darf nichts bepflanzt werden, denn sonst wird das Mauerwerk von den Pflanzen nachhaltig zerstört. Ist die Mauer einwandfrei, kann sich die Pflanze nirgendwo hineinfressen.

Wachstumsmöglichkeiten für die Pflanzen

Zu klären ist dann, ob das Grün in einem boden- oder wandgebundenen System angepflanzt werden soll. Jürgen Eppel rät privaten Hauseigentümern immer zum pflegeleichten und billigeren bodengebunden Konstrukt, also dem Eingraben der Pflanze ist Erdreich, quasi wie ein Baum. „Aber dafür muss vor der Fassade genug Platz sein“. Denn eine Pflanze benötigt etwa 0,5 Kubikmeter Wurzelraum.

„Wandgebunden ist Luxus, deutlich teurer im Unterhalt und nur etwas Unternehmen, die ihre Fassaden schicker machen wollen.“ Dabei hängen die Pflanzen in Trögen und müssen regelmäßig mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden, ohne entsprechende automatische Anlagen ist das kaum zu schaffen. „So ein System muss ständig überwacht werden“, warnt Fachmann Eppel. „Wenn mal an einem heißen Sommerwochenende die Wasserversorgung ausfällt, ist schnell die Hälfte der Pflanzen vertrocknet.“

Vorsicht bei Selbstklimmern

Es geht auch nicht darum, dass man einfach eine Pflanze in den Boden gräbt, und dann wartet, dass sie die Mauer emporwächst. In dem Fall spricht der Kenner von Selbstklimmern – und davon rät Landschaftsarchitekt Eppel ab: „Sie bekommen dann etwa Probleme, hinterher die Fassade hinterher zu begutachten.“ Efeu ist so der bekannteste Selbstklimmer. Er wächst rasant – aber auch dort, wo es nicht gut ist fürs Haus, weil sich die Pflanze gerne in dunkle Räume und Schlitze frisst. Dazu gehören auch Dachüberhänge, Rolladenkästen oder der Ortgang im Dachbereich.

Mehr dazu: Wie entfernt man Efeu dauerhaft von der Hauswand?

Die richtigen Rankhilfen

Was ist also besser? Ein kontrollierter Wuchs an einem Hilfsgerüst, einer Rankhilfe, die am Dachüberhang sowie am Boden und im Abstand von 7 bis 10 Zentimetern zur Hauswand befestigt wird. Doch der Abstand zur Wand ist nur ein Punkt, der beachtet werden muss, wie Eppels Institut auflistet. Es geht auch um:

  • Ausrichtung der Fassade (Himmelsrichtung)
  • Verschattung / Bestrahlung durch Gebäude, Bäume, etc.
  • Abstimmung von System und Fassadenkonstruktion
  • Maximale Tragfähigkeit der Fassade (Lasten beinhalten Pflanzengewicht, Gewicht des Begrünungssystems, Wind- und Schwingungslasten, Lasten durch Nässe/ Schnee/Eis)
  • Absturzsicherung bei einem Wuchs über 3 Meter Höhe
  • Zugänglichkeit für die Instandhaltung und Wartung
  • Wasserversorgung und Entwässerung
  • gegebenenfalls Abstimmung von Pflanzenart und Kletterhilfe
  • Anschluss elektrisch leitender Bauteile an die Gebäudeerdung

Rankhilfen können sein: Gitter, Netze, Drahtseile, Spanndrähte oder Spaliere. Diese sollten allerdings keinen allzu dicken oder massiven Querschnitt haben, sonst schaffen es die Pflanzen nicht, um die Stäbe herumwickeln zu können. 2,5 bis maximal 25 Millimeter sind, je nach Pflanze ein gutes Maß.

Die Waldrebe (Clematis) ist beispielsweise eine gute Pflanze zur Fassadenbegrünung. Die Schlingpflanze wächst schnell, sie mag Sonne und Halbschatten und windet sich um die Rankhilfe. Doch wenn die Streben zu dick sind, dann schafft es die Pflanze nicht, sich darum zu wickeln. „Hier empfehle ich eine Art Maschendrahtzaun“, sagt Pflanzenprofi Eppel. „Rankhilfe und Pflanze müssen immer aufeinander abgestimmt werden.“

Montage der Rankhilfen

Viele Rankhilfen müssen auch noch an der Hausmauer befestigt werden, hier gibt es jede Menge gute Systeme zu kaufen, die verhindern, dass Feuchtigkeit ins Mauerwerk dringt. Aber so einfach ein Loch in die Wand bohren, danach die Hilfe festschrauben – das funktioniert nicht. „Denn wenn Sie ein Wärmedämmungsverbundsystem haben, können Sie nicht einfach so reinbohren“, warnt Jürgen Eppel. „Denn Sie bohren ja dann erst mal in Styropor, also bringt eine 8er- oder 10er-Schraube nicht viel.“

Man braucht also ein professionelles Befestigungssystem, das im tragenden Mauerwerk angebracht werden kann. Denn tragen muss die Rankhilfe eine mächtige Last, wenn allein das Grün ausgewachsen ist. Dazu kommen noch Belastungen durch Schnee und Regen – und starken Wind.

Welche Pflanzen eignen sich?

Apropos Pflanzen: Nicht jede eignet sich für ein Häuschen. Der Blauregen ist zwar schön anzusehen, „aber er hat eine Wuchskraft wie ein Baum und benötigt viel Platz“, warnt Landschaftsarchitekt Eppel. „Sie gehört daher nicht ans Einfamilienhaus, die Terrassenpergola oder die Garage.“ Das Gegenteil ist die Clematis-Hybride, die nur 1,50 Meter Höhe schafft. 

Besser ist die Kletterrose. Diese wächst waagerecht, also benötigt der Gärtner entsprechende eine waagerechte Rankhilfen, an der die Rose emporklettern kann und dann festgebunden wird. Jürgen Eppel empfiehlt auch Schlingpflanzen wie Schlingknöterich, Pfeifenwinde, Baumwürger, Akebie und Baumschlinge. Und schließlich können auch Nutzpflanzen an der Fassade wachsen, also Äpfel oder Aprikosen. „Das ist ein Beitrag zum Urban Gardening. Sie verbinden damit das Angenehme mit dem Nützlichen“, sagt der Gartenprofi.

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Was kostet eine Fassadenbegrünung?

Bleibt nur noch die Frage nach den Kosten für eine Fassadenbegrünung. Bei der besagten bodengebundenen Variante mit Kletterpflanzen, die im Boden wurzeln, veranschlagt Jürgen Eppel zwischen 15 und 35 pro Quadratmeter. Eine lohnende Investition in ein besseres Klima, nicht nur für Menschen in Duisburg-Baerl.

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