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Können smarte Thermostate Heizkosten sparen?

Digitales Thermostat
Mit smarten Thermostaten lässt sich das Heizen weitgehend automatisieren Foto: iStock / SolStock
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myHOMEBOOK Redaktion

18.10.2022, 12:15 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Vernetzte Thermostate versprechen große Einsparungen bei den jährlichen Heizkosten und bieten praktische Zusatzfunktionen. Aber lassen sich die Anschaffungskosten wieder herausholen?

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Im kommenden Winter wollen viele Verbraucher die Heizkosten möglichst gering halten. Angesichts drastisch gestiegener Energiepreise ist das in vielen Haushalten ein Muss. Mit programmierbaren und smarten Thermostaten für Heizkörper soll angeblich eine Heizkostenersparnis von bis zu 30 Prozent möglich sein. Ein Faktencheck.

Smarte Thermostate: Was ist das eigentlich?

Sie funktionieren im Prinzip wie die üblichen Drehregler, nur elektronisch. Das Ventil an der Heizung wird mit einem kleinen Elektromotor geschlossen und geöffnet. Eine Regelelektronik überwacht die Temperatur und hält die Verbindung zur Steuerzentrale. Das kann je nach Hersteller eine alleinstehende Box oder der Internetrouter sein. So ein Thermostat kostet zwischen 40 und 70 Euro.

Wie kann man das Thermostat programmieren?

Bei einem programmierbaren Thermostat erfolgt das Messen der Raumtemperatur und die Steuerung des Heizkörperventils automatisiert. Man kann, aber braucht die Temperatur also nicht mehr jedes Mal neu per Hand einstellen. Die Programmierung, zu welcher Zeit an welchem Tag die Temperatur höher oder niedriger sein soll, nimmt man direkt am Gerät vor.

Man kann zum Beispiel Montag bis Freitag von 14 bis 22 Uhr und Samstag und Sonntag von 8 bis 22 Uhr Normaltemperatur vorgeben. Zu allen anderen Zeiten wird der Raum weniger geheizt, denn die Bewohner sind im Bett oder in der Regel nicht da. Wenn sich daran was ändert oder einem zwischendurch zu kalt oder zu warm ist, kann man auch nachjustieren.

Passend dazu: Smarte Thermostate im Test – welche lohnen sich wirklich?

Was kosten die Geräte?

Einfache programmierbare Thermostate bekommt man laut Wolfgang Burchard vom Fachverband Armaturen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ab 10 bis 15 Euro. Einfache smarte Thermostate kosten ab etwa 40 bis 60 Euro. Aber es gibt noch Extras wie Fensterkontakte oder Steuerungszentralen. So sollte laut Stiftung Warentest ein Haushalt für ein Starterpaket mit sechs Thermostaten, vier Fenstersensoren und einer Zentrale zwischen ungefähr 400 und 800 Euro kalkulieren.

Dazu passend: Smart-Home-Verbandschef warnt vor Produkten aus USA und Fernost

Kann ich mit smarten Thermostaten wirklich Heizkosten sparen?

Manche Hersteller versprechen bis zu 30 Prozent Heizkosteneinsparung. Matthias Wagnitz ist da aber skeptisch. Der Referent für Energie- und Wärmetechnik beim Branchenverband ZVSHK sagt: „Wie sehr man sparen kann, hängt auch sehr davon ab, wie man vorher geheizt hat.“ Soll heißen: Wer schon immer abends die Heizung runter dreht und sie tags nicht auf 5 stehen lässt, kann weniger einsparen als Menschen, die gerne warm schlafen und auch mal aus dem Fenster heizen.

Auch Nico Jurran vom „c’t“-Magazin sagt: „Wenn Sie vernünftig heizen, dann werden Sie große Schwierigkeiten haben, mit einem normalen Smarthome-Konzept noch etwas zu sparen.“ Er geht sogar noch weiter: „Die generelle Aussage, dass man Geld spart, ist totaler Quatsch.“

Wohnsituation entscheidend

Das liegt zunächst einmal daran, dass es nicht die eine Heizung und die eine Wohnsituation gibt. Als Mieter kann man zum Beispiel eine Zentralheizung haben, eine Etagentherme oder Fernwärme. Oder es gibt eine Fußbodenheizung oder Nachtspeicheröfen – dann lassen sich solche Geräte fast nie integrieren. Man kann in einem gut oder einem schlecht isolierten Haus wohnen.

Eigenheimbewohner können alte Kessel mit Guss-Heizungen haben, einen Brennwertkessel, Niedrigtemperaturheizung oder gar in einem Niedrigenergiehaus mit schlauer Wärmesteuerung wohnen. Sie sehen: Das ist so komplex und es gibt so viele mögliche Einzelfälle, da sind pauschale Sparversprechen wenig glaubwürdig.

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Beispielmessung zeigt kleine Ersparnis

Ja, die Stiftung Warentest im Jahr 2019. Sie hat in einer Beispielmessung (Mehrfamilienhaus, Wohnung mit 70 Quadratmetern, sechs Heizungen, schlechte Isolierung) ein Einsparpotenzial von gut acht Prozent ermittelt, wenn man zum Beispiel nachts die Temperatur absenkt oder bei Abwesenheit. Zieht man dann noch die Grundkosten ab, bleiben sechs Prozent übrig. Das sind bei angenommenen Heizkosten von 1000 Euro im Jahr immerhin 60 Euro, rechnet Reiner Metzger von der Stiftung Warentest vor.

Nachtabsenkung beim smarten Thermostaten nicht immer Kaufgrund

Nicht wirklich. Für die Beispielwohnung ist sie gut und auch ZVSHK-Experte Wagnitz sagt: Für Mieter in einem schlecht gedämmten Haus ohne Einfluss auf die Nachtabsenkung der Heizung gibt es durchaus Einsparpotenzial. Für andere Wohnformen taugt die Rechnung aber nur bedingt.

Bewohner von Einfamilienhäusern können zum Beispiel eine Nachtabsenkung meistens bereits am Kessel einstellen, sagt Matthias Wagnitz. Sie könnten über smarte Systeme eventuell noch etwas sparen, indem einzelne Räume angepasste Heizzeiten bekommen – etwa wenn das Bad nur morgens geheizt wird. Pauschal ausrechnen kann man so etwas aber nicht. Die eine Einsparrechnung für alle möglichen Wohnformen gibt es nicht.

Wann rechnen sich smarte Thermostate?

Möglicherweise nie. Rechnet man mal für die sechs Heizkörper der Beispielwohnung 300 Euro Anschaffungskosten für die Thermostate, ist man im besten Beispielfall nach fünf Jahren bei Null. Hinzu kommen Kosten für Batterien und – Augen auf – bei manchen Systemen Abopreise für Zusatzleistungen. „Wenn Sie das alles gegenrechnen, so viel können Sie häufig gar nicht sparen“, sagt Nico Jurran.

Hinzu kommt: Mit dem Thermostat lassen sich ja nur die Verbrauchskosten senken. An den Grundgebühren für Ablesen, Abrechnen, Umlagen für Treppenhaus oder Wohnflächenanteile und anderen Fixkosten ändert der schlaueste Thermostat leider nichts. Und: Kein Winter gleicht dem anderen.

Brauche ich überhaupt vernetzte Thermostate?

Die einfache Antwort ist: nein. Wer seine Drehregler diszipliniert bedient, kann die Heizkosten auch senken. Die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern rät etwa zu 21 Grad in häufig genutzten Wohnräumen und 18 Grad für Schlafzimmer. Die typischen Drehregler sind etwa so eingestellt, dass Stufe 3 etwa 20 Grad entspricht. Jeder weitere Strich auf der Skala entspricht einem Grad. Kälter als 16 Grad sollte es dauerhaft nicht in Räumen sein – sonst könnte erhöhte Feuchtigkeit zu Schimmelbildung führen.

Aber: Die einfache Antwort ist nicht immer die beste Antwort. Denn neben möglichen Einsparungen bieten vernetzte Thermostate noch mehr.

Gut eingestellt, sind sie extrem komfortabel. Die Heizung hält von selbst die Temperatur, schaltet abends runter, man kann sie von unterwegs schonmal anwerfen, manche Systeme erlauben komplexe Datenauswertungen. Zusammen mit Fensterkontakten lassen sich schlaue Schaltungen bauen – dann schaltet die Heizung etwa beim Lüften ab.

Und: „Die smarten Thermostate haben den Vorteil, dass Sie die Temperatur für jeden Heizkörper einzeln regeln können“, sagt Reiner Metzger. Das ist dann auch bei zentral gesteuerten Heizungen praktisch und jeder kann in jedem Raum seine Wunschtemperatur einstellen.

Eine Investition in Komfort?

Ja, da sind sich alle drei befragten Experten einig. „Es ist häufig eine Komfortfrage, selten eine Effizienzfrage“, sagt Nico Jurran zum Nutzen solcher Systeme. „Wer seine Heizung per Sprachbefehl steuern will, soll das machen.“ Vernetzte Lösungen haben auch den Vorteil, dass man alles bequem zentral per App oder im Browser einstellen kann. Zum Beispiel Heizzeiten für das ganze Jahr.

Ist die Heizung aus, öffnen und schließen etliche Lösungen regelmäßig die Ventile. So verkalkt nichts. Einmal eingerichtet, muss man sich also kaum mehr um die Heizung kümmern. Und das spart vielleicht kein Geld, verhindert dafür vielleicht aber manchen Krach mit den Mitbewohnern. Das ist auch viel wert.

Versteckten Kosten

Nico Jurran erinnert sich bei manchen getesteten Geräten an „echte Qualitätsprobleme“. Im Test der Stiftung Warentest, berichtet Reiner Metzger, gab es keine Auffälligkeiten bei Qualität und Funktion der zehn geprüften Modelle. Langzeitdaten, sagt Metzger, gibt es aber zur Haltbarkeit der Geräte nicht. Zum Vergleich: Ein normaler Schraubthermostat hält leicht mehrere Jahrzehnte. Wie lange die smarten Brüder durchhalten, wird sich noch zeigen.

Weitere Kosten fallen natürlich für Batterien an und – so ehrlich muss man sein – den Batteriemüll sollte man nicht vergessen. Weitere mögliche Kosten gibt es laut Nico Jurran etwa für zusätzliche Temperaturfühler. Mit ihnen lässt sich die gerade in größeren Räumen unpräzise Temperatursteuerung direkt am Thermostat mit extra Daten vom anderen Raumende besser einstellen.

Bei manchen Systemen gibt es auch monatliche Kosten für die Nutzung von zusätzlichen Komfortfunktionen. Und auch der beliebte Schaltablauf-Dienst IFTTT (If this then that) ist mittlerweile ab der vierten Schaltung kostenpflichtig.

Gibt es vielleicht einen günstigeren Weg zur schlauen Heizung?

Wer nicht zentral programmieren will und auch keine App- oder Sprachsteuerung braucht, kann auch einfachere elektronische Thermostate wählen. Sie sind mit Anschaffungspreisen von 10 bis 30 Euro deutlich billiger und nicht vernetzt, man kann aber einzeln Heizzeiten programmieren. So lassen sich Grundfunktion der Heizung automatisieren. Manche der Geräte können auch erkennen, ob gelüftet wird oder nicht.

„Das ist die niedrigschwelligste Sache, die Sie mit Ihrer Heizung machen können“, sagt Reiner Metzger. Den zusätzlichen Komfort des Smarthome-Systems hat man dann aber nicht.

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Vernetzen, Programmieren oder weiter drehen?

Zusammengefasst: Ob man mit vernetzten Thermostaten wirklich Geld spart, ist nach Expertenmeinung äußerst fraglich. In manchen Fällen mag das so sein und die Heizkosten sinken tatsächlich. In vielen anderen Fällen dürfte der Kostenaspekt eher kein Grund zum Umrüsten auf vernetzte Thermostate sein. Hier wäre dann eher der unbestrittene Komfort solcher Lösungen ein Argument für die Investition.

Programmierbare elektronische Thermostate sind auf jeden Fall die günstigere Lösung. Wer nun Anschaffungskosten, Installation und Batterietausch meiden will, nutzt am besten weiter die alten Schraubthermostate – mit der nötigen Disziplin.

mit Material der dpa

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