
11. Juni 2025, 13:04 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Das heimliche Filmen innerhalb von Wohngemeinschaften kann strafrechtliche Relevanz haben – muss es aber nicht zwangsläufig. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt, dass die rechtliche Bewertung stark vom Einzelfall abhängt.
Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm wirft ein neues Licht auf die strafrechtliche Bewertung heimlicher Videoaufnahmen in privaten Wohnbereichen. Der Fall betrifft eine Person, die eine versteckte Kamera im Zimmer ihres Mitbewohners installiert hatte. Die ursprüngliche Verurteilung wurde nun aufgehoben.
Versteckte Kamera auf Bett im Zimmer gerichtet
Die Kamera war im Juli 2023 hinter einem Rollcontainer im Zimmer des Mitbewohners versteckt und auf das Bett ausgerichtet worden. Dieser entdeckte das Gerät einen Tag später zufällig beim Putzen. Auf den gesicherten Aufnahmen waren laut Polizei lediglich sogenannte neutrale Szenen zu erkennen: Eine bekleidete Person beim Lesen, ein Wischmop bei der Reinigung des Bodens, die Laufrolle des Containers. Das Amtsgericht Warendorf hatte daraus dennoch eine Strafbarkeit nach Paragraf 201a Strafgesetzbuch abgeleitet, der den Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs regelt.
Die Richter in Warendorf betonten, dass es sich bei dem Zimmer um den Rückzugsort des Mitbewohners handelte – und die Kamera gezielt auf dessen Bett gerichtet gewesen sei. Schon die Aufnahmen von Körperteilen beim Lesen könnten als höchstpersönlich gewertet werden. Eine Nacktaufnahme sei dafür nicht notwendig.
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Entscheidung des OLG Hamm
Der Angeklagte legte Revision gegen das Urteil ein – und das vorerst mit Erfolg. Das OLG Hamm sah den Fall nämlich differenzierter. Mit Beschluss vom 18. März 2025 – welches erst kürzlich veröffentlicht wurde – hat das OLG Hamm das Urteil des Amtsgerichts Warendorf aufgehoben. Zwar habe der Angeklagte unbefugt Bilder aufgenommen, diese zeigten aber nach erster Begutachtung keine Verletzung der Intimsphäre. Für eine Strafbarkeit müssten besonders geschützte Bereiche wie Sexualität, Krankheit oder Tod betroffen sein – oder vertrauliche Inhalte wie Tagebuchaufzeichnungen. Auch familiäre Details könnten dazu zählen.
Alltägliche Handlungen wie Essen, Schlafen oder Lesen seien hingegen in der Regel nicht strafrechtlich relevant – es sei denn, es lägen besondere Umstände vor. Ob solche im vorliegenden Fall gegeben sind, müsse nun eine andere Abteilung des Amtsgerichts Warendorf klären. Das OLG betonte dabei ausdrücklich, dass nicht zwingend Nacktbilder nötig seien, um den Schutzbereich des Strafgesetzes zu berühren – eine differenzierte Betrachtung sei erforderlich.

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Amtsgericht muss den Fall erneut prüfen
Das OLG hat das Urteil deshalb aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Warendorf zurückverwiesen. Dort soll geklärt werden, ob es unter den gesicherten Videodateien möglicherweise doch Aufnahmen gibt, die tiefer in die Privatsphäre des Opfers eingreifen.