
9. Mai 2025, 17:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Das Dach ist voll, zu klein oder ungeeignet – und trotzdem soll Sonnenstrom genutzt werden? Dann bietet die Hausfassade eine interessante Alternative für Photovoltaik-Anlagen. Doch lohnt sich das wirklich? Zwei Experten erklären, worauf es ankommt und welche Stolpersteine zu beachten sind.
Photovoltaik-Module lassen sich nicht nur auf Dächern, sondern auch an Hausfassaden installieren. Zwei Fachleute geben Einblick in Potenziale, Hürden und gesetzliche Rahmenbedingungen rund um Photovoltaik-Anlagen (PVA) an der Fassade.
Fassaden-Photovoltaik als Alternative bei ungeeignetem Dach
Eine Photovoltaik-Anlage muss nicht zwangsläufig aufs Dach. Auch Hauswände bieten Möglichkeiten zur solaren Stromgewinnung – entweder in Form von aufgesetzten Modulen oder durch gebäudeintegrierte Lösungen, bei denen die PV-Elemente Teil der Fassade sind. Für wen sich diese Variante lohnt, hängt von mehreren Faktoren ab.
„Die Installation von Solaranlagen an Hausfassaden eignet sich für alle Hausbesitzer, die Fassadenflächen zur Verfügung haben und dort Strom erzeugen können, insbesondere wenn wenig Dachfläche für eine Photovoltaikanlage zur Verfügung steht“, sagt Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft e. V. auf myHOMEBOOK-Anfrage. Die Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage hänge stark von Standort, Komponentenwahl, der Ausrichtung der Module sowie dem Eigenverbrauchsprofil ab. „Inwiefern eine Photovoltaikanlage an einer Hausfassade sich wirtschaftlich rechnet, muss für den jeweiligen Standort ermittelt werden.“
Auch PV-Experte Tobias Ptok von der Verbraucherzentrale NRW betont das Potenzial bei ungeeigneten Dachflächen: „Das System kann sich lohnen, wenn zum Beispiel keine geeigneten Dachflächen zur Verfügung stehen. Beispielsweise kann die Dachlastreserve eines Daches nicht ausreichend sein oder das Dach ist sanierungsbedürftig oder unterliegt starker Verschattung.“
So viel Ertrag bringt die PV-Fassade
Der Stromertrag einer unverschatteten, südlich ausgerichteten Fassaden-PV liegt laut Ptok rund 20 bis 30 Prozent unter dem einer typischen PV-Anlage auf einem Süddach mit rund 30 Grad Neigung. Ist die Fassade jedoch nach Osten oder Westen ausgerichtet, fällt der Ertrag um etwa 50 Prozent geringer aus.
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Besonderheiten im urbanen Raum und bei integrierten Modulen
Eine lohnenswerte Option sind Fassadenanlagen laut Ptok vor allem bei großflächigen Südfassaden oder bei hohen Gebäuden in Städten – sofern keine Verschattung durch andere Bauten besteht. Zudem nennt er gebäudeintegrierte PV-Module als sinnvolle Lösung: „Hier fungiert das PV-Modul als Bauelement und kann Teile der Fassade ersetzen beziehungsweise darstellen.“ Damit sei auch eine „Kostenersparnis durch die doppelte Nutzung“ gegeben.
Vorschriften bei der Photovoltaik-Fassade
Die Installation an der Hauswand ist jedoch mit speziellen baurechtlichen Anforderungen verbunden. Laut Carsten Körnig gelten bei Photovoltaikanlagen an Fassaden andere bauordnungsrechtliche Anforderungen als bei Dachanlagen. „Das betrifft sowohl die Standsicherheit als auch den Brandschutz.“
Demnach sei gemäß Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) ein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich, insbesondere in Hinblick auf Windlasten und Eigengewicht nach DIN 18008. In der Regel ist dafür eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) oder Bauartgenehmigung (aBG) vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) notwendig. „Im Allgemeinen erfüllen nur Glas-Glas-Module die Anforderungen an eine abZ/aBG für den Einsatz in einer Fassade“, so Körnig.
Für Einzelfälle seien zusätzliche Genehmigungen durch die jeweilige Landesbauaufsicht erforderlich. Auch die Brandschutzanforderungen steigen mit der Gebäudehöhe, vor allem bei gewerblich genutzten Objekten.
Langfristige Planung gegen Verschattung
Ptok weist auf einen weiteren zentralen Punkt hin: „Durch die lange Nutzungsdauer von PVA sollte über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren eine Verschattung der infrage kommenden Flächen ausgeschlossen werden können.“ Neubauten oder wachsender Bewuchs könnten langfristig die Erträge schmälern.
Auch die baulichen Voraussetzungen müssten stimmen. Man sollte im Vorfeld darauf achten, „dass die infrage kommende Fassade die zusätzliche Last der PV-Module dauerhaft aufnehmen kann.“ Er spricht dabei von einem Zeitraum von mindestens 20 Jahren.
Witterungseinflüsse sowie die richtige Montagehöhe seien weitere Aspekte, so Ptok. Er empfiehlt, PV-Module nicht ebenerdig zu installieren, sondern mit einem oder zwei Meter Abstand über der Geländeoberkante.
Zudem könne die lokale Bauordnung Einschränkungen machen, etwa bei Erhalt eines einheitlichen Siedlungsbildes. Als mögliche Lösung nennt Ptok die Nutzung von besonders unauffälligen „All-Black“-Modulen.
Eigenverbrauch meist sinnvoller als Volleinspeisung
Ob man den erzeugten Strom einspeist oder selbst verbraucht, hängt laut Körnig vom jeweiligen Projekt ab: „Grundsätzlich ist bei Fassaden-PV ein hoher Eigenverbrauch von Vorteil.“ Auch Ptok sieht den Eigenverbrauch als Regelfall. „Eine Volleinspeisung wird meistens dann umgesetzt, wenn der erzeugte Strom nicht vor Ort verbraucht werden kann.“

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Fassaden-Module auch als Steckersolargeräte?
Ein Sonderfall sind sogenannte Steckersolargeräte, gemeinhin oft als „Balkonkraftwerke“ bezeichnet. Ptok erklärt: „Ein Steckersolargerät kann man ebenfalls an die Fassade anbringen.“ Körnig ergänzt: „Steckersolargeräte dürfen eine AC-Leistung des Wechselrichters von maximal 800 Watt haben, an die maximal 2000 Watt PV-Modulleistung angeschlossen werden darf. Dies gilt auch, wenn ein Steckersolargerät an einer Hausfassade befestigt wird.“
Zudem könne man laut Ptok eine Fassaden-PVA grundsätzlich „in jeder beliebigen Größe bzw. mit jeder beliebigen Leistung“ planen. Für die gesetzlichen Grundlagen spiele es keine Rolle, ob die PVA an der Fassade oder auf dem Dach betrieben wird.