Im Frühjahr und Sommer wird der Balkon für viele zum zweiten Wohnzimmer. Dort wünscht man sich natürlich ausreichend Schutz vor fremden Blicken. Doch welche Möglichkeiten gibt es, und was ist erlaubt?
Ohne Sichtschutz auf dem Balkon kann man sich gerade in dicht besiedelten Gegenden schnell wie auf dem Präsentierteller fühlen. Um sich vor den Blicken der Nachbarn zu schützen und mehr Privatsphäre zu schaffen, bietet der Handel zahlreiche Lösungen. Zudem gibt es einige Möglichkeiten, um den zusätzlichen Outdoor-Platz trotz intensiver Sonneneinstrahlung zu jeder Tageszeit effektiv nutzen zu können.
Übersicht
Sichtschutz auf dem Balkon – die richtige Höhe
Die Höhe des benötigten Sichtschutzes richtet sich vor allem danach, in welcher Etage sich der Balkon befindet. Im ersten Stock wünschen sich Mieter oft mehr Privatsphäre, da Nachbarn mehr Einblick von oben haben können. Wer höher wohnt, kann dagegen einen niedrigeren Sichtschutz wählen. Außerdem spielt es eine wesentliche Rolle, wie wohl man sich mit einem einsehbaren Balkon fühlt – die einen schützen sich gern mit hohem Sichtschutz vor neugierigen Blicken, andere fühlen sich schnell eingesperrt und möchten sich den eigenen Ausblick nicht verbauen.
Auch interessant: 7 Einrichtungsstile für den Balkon
Materialien für den Sichtschutz auf dem Balkon
1. Sichtschutz aus Kunststoff
Die einfachste Lösung, um schnell für mehr Privatsphäre zu sorgen: Balkonblenden und Markisenstoff aus dem Baumarkt. Die sind zügig am Balkongitter angeknüpft oder mit Kabelbinder angebracht. Zudem eignen sie sich dank einer Höhe von 75 bis 100 Zentimetern besonders für höher gelegene Balkone, die weniger gut einsehbar sind. Günstige Varianten sind bereits ab 20 Euro zu haben. Ein weiterer Vorteil: Sie sind robust und witterungsbeständig. Inzwischen gibt es auch sehr hochwertig aussehende Kunststoffvarianten – zum Beispiel in Rattanoptik zwischen 30 und 40 Euro. Auch eine Möglichkeit sind Sichtschutz-Elemente aus Kunstefeu. Diese kosten rund 15 Euro pro laufendem Meter.

Tipp: Gerade für Grillfans kann fester Kunststoff die richtige Wahl sein. Etwas Funkenflug macht dem Material wenig aus – im Gegensatz zu Stoff, dünnem Plastik oder Holz. Was es beim Grillen aus dem Balkon zu beachten gibt, erfahren Sie hier.
2. Sichtschutz aus Holz
Wer einen natürlichen Look bevorzugt, kann sich für Holzelemente in individueller Höhe entscheiden und so auch einen mit dem Nachbar geteilten Balkon stilvoll abgrenzen. An dem Zaunstück, das in der Regel an den Balkonseiten montiert wird, können auch kleine Topfpflanzen angebracht werden – neben Sicht- und Windschutz dient es auch als Rankhilfe für Kletterzucchini, Blauregen, Efeu oder Klettererdbeeren. Der Preis für solche Holzelemente liegt je nach Material zwischen 15 und über 100 Euro. Einen Nachteil hat der Holzsichtschutz allerdings: Anders als fester Stoff oder Plastik ist Holz weniger witterungsbeständig und muss regelmäßig mit Holzschutzmittel behandelt werden.
Tipp: Kaufen Sie Produkte aus sogenanntem Thermoholz – es verwittert aufgrund seiner thermischen Behandlung deutlich langsamer als unbehandeltes Holz.
Auch interessant: Französischer Balkon – was bedeutet das eigentlich?
3. Sichtschutz aus Pflanzen
Auch Bambus, Schilfrohr und hohe Pflanzen sind dank ihres natürlichen Looks als Sichtschutz beliebt. Sie verleihen dem Balkon nicht nur mehr Privatsphäre, sondern sorgen auch für Flair und Gemütlichkeit. Bambus-, Bast- und Schilfmatten sind schnell am Balkongeländer angebracht, können aufgrund der unbehandelten Oberfläche allerdings auch zügig verwittern.
Hohe Topfgräser wie Chinaschilf (Wuchshöhe bis 350 cm) und Federborstengras (Wuchshöhe bis 150 cm) lenken den Blick automatisch von Liegestühlen und Sitzgruppe ab, versperren aber nicht komplett die Sicht vom Balkon. Für eine Pflanze mit stattlicher Wuchshöhe zahlt man im Baumarkt etwa 20 Euro. Bei Blumenkästen am Balkongeländer ist es zudem wichtig, diese ausreichend zu sichern.
Tipp: Achten Sie vor dem Kauf auf die Bedürfnisse der Pflanzen! Benötigen sie viel Sonne, oder fühlen sie sich eher im Schatten wohl? So haben Sie auch lange Freude an dem natürlichen Sichtschutz: Chinaschilf und Federborstengras sollten beispielsweise sonnig stehen, Japan-Segge dagegen schattig. Es gibt sogar Bäume, die sich für den Balkon eignen.
Auch interessant: So gelingt der Gemüseanbau auf dem Balkon
4. Markisen, Sonnensegel oder -schirme als Sichtschutz
Wer auf dem Balkon viel Platz hat, kann sich eine Pergola mit Sonnensegel hinstellen, um sich beim Entspannen vor der Mittagshitze schützen zu können. Sie schirmt auch vor Blicken ab, gerade von oben. Eine so luxuriöse Konstruktion hat natürlich seinen Preis: Um die 1000 Euro sollte man für eine robuste Pergola einplanen.
In der Regel haben aber die wenigsten so viel Platz. In diesem Fall ist es sinnvoll, eine ausziehbare Markise am Dach oder an der Hauswand anzubringen. Vor der kostspieligen Montage (zwischen 1000 und 3000 Euro) sollte aber unbedingt das Einverständnis des Vermieters eingeholt werden. Alternativ lassen sich Klemmmarkisen (Preis etwa 100 Euro) aufstellen – eine Befestigung an der Hauswand ist nicht nötig.
Tipp: Am einfachsten und platzsparendsten ist die Nutzung eines Sonnenschirms, der am Balkongeländer befestigt wird.
Auch interessant: Wie viel Gewicht kann ein Balkon eigentlich tragen?
Rechtslage – was ist beim Sichtschutz auf dem Balkon erlaubt?
Auch wenn sicher jeder Nachbar nachvollziehen kann, dass man sich beim Sonnenbaden auf dem Balkon unerwünschte Blicke ersparen möchte, sollte man auf die Mitwohnenden Rücksicht nehmen. Fühlen diese sich nämlich durch einen zu hohen Sichtschutz beeinträchtigt, kann es nicht nur das Hausklima beträchtlich stören – übertreibt man es, können rechtliche Konsequenzen drohen. Karsten Joppe, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der auf Immobilienrecht spezialisierten Kanzlei Brunner Rechtsanwälte in Berlin, erklärt, worauf es ankommt.
Dürfen Mieter Sicht- und Sonnenschutz auf dem Balkon ohne Einverständnis von Nachbarn oder Vermieter aufstellen oder montieren?
Joppe: „Mieter dürfen natürlich ohne Weiteres Sonnenschirme aufstellen. Einen Anspruch auf einen Sichtschutz haben sie nicht. Einfach gesagt: Wenn ein Mieter eine Wohnung mit einsehbarem Balkon anmietet, kann er sich später nicht darüber beschweren (so z.B. AG Köln, Urteil vom 15.07.2011 – 220 C 27/11). Das gilt zumindest für einen fest angebrachten (dauerhaften) Sichtschutz; gegen eine kurzzeitige Lösung während des Aufenthalts auf dem Balkon wird im Regelfall nichts einzuwenden sein. Nachbarn dürfen aber nicht verschattet oder auf andere Weise beeinträchtigt werden.“
Inwiefern sollte Rücksicht auf die Nachbarn gegenüber oder nebenan genommen werden?
Joppe: „Direkte Nachbarn dürfen nicht beeinträchtigt werden, weder durch physische Maßnahmen noch durch Schatten. Auch sollte alles ‚sturmfest‘ sein, um Schäden bei Unwettern auszuschließen. Nachbarn von gegenüber werden im Normalfall keine Mitspracherechte haben.“
Auch interessant: So holen Sie das Maximum aus Ihrem kleinen Balkon
Hat der Vermieter ein Mitspracherecht beim Aussehen des Sonnenschutzes?
Joppe: „Die Frage wird sich bei ‚normalen‘ Mietwohnungen selten stellen, ist aber in Eigentumswohnanlagen von großer Relevanz. Dort nämlich darf sich das Erscheinungsbild von außen nicht wesentlich ändern, und es können durch die Eigentümergemeinschaft auch Sonderbestimmungen erlassen werden. Dies kann die Gestaltungsfreiheit einschränken.“
Unter welchen Umständen ist es erlaubt, eine Markise fest an der Hauswand zu montieren? Benötigt man immer das Einverständnis des Vermieters?
Joppe: „Im Normalfall hat der Mieter keinen Anspruch darauf, eine Markise am Balkon anzubringen. Das Amtsgericht München hat einem Mieter im Einzelfall erlaubt, eine Markise anzubringen und darauf verwiesen, dass der Schutz vor Sonneneinstrahlung sozial übliches Verhalten darstelle und damit vom Vermieter akzeptiert werden müsse. Allerdings war vom Mieter im Prozess sehr detailliert vorgetragen worden, warum auf seinem Balkon ein Sonnenschirm alleine nicht ausreiche (AG München, Urteil vom 07.06.2013, Az. 411 C 4836/13). Dementsprechend hat das AG Köln geurteilt, dass ein Mieter keine Markise anbringen darf, wenn er den Sonnenschutz auch auf einfachere Weise erreichen kann (AG Köln, Urteil vom 09. August 2017, Az. 201 C 62/17). Der Mieter sollte immer die Zustimmung des Vermieters einholen und notfalls einklagen.“
Welche Konsequenzen drohen, wenn der Mieter gegen den Willen des Vermieters einen Sichtschutz anbringt?
Joppe: „In aller Regel wird er, sofern er den Sichtschutz nicht auf entsprechende Aufforderung hin entfernt, gerichtlich auf Unterlassung und Entfernung in Anspruch genommen werden. Weigert er sich dann weiterhin, würden wir dies auch als Grundlage für die Kündigung des Mietverhältnisses erachten.“