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Wildkräuter richtig sammeln und verwenden

Ob zu grünem Smoothie oder Honig: Wildkräuter wie Löwenzahn und Brennnessel lassen sich zu gesunden sowie schmackhaften Gerichten verarbeiten
Ob zu grünem Smoothie oder Honig: Wildkräuter wie Löwenzahn und Brennnessel lassen sich zu gesunden sowie schmackhaften Gerichten verarbeiten Foto: Getty Images
Annelie Neumann
Annelie Neumann Autorin

27.05.2019, 16:27 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Als „Unkraut“ werden Wildkräuter oft verteufelt. In Gärten und Beeten wird ihnen unbarmherzig mit Hacke, Fugenkratzer und Messer zu Leibe gerückt. Zu Unrecht, findet Wildkräuterexperte Manuel Larbig. Er erklärt gegenüber myHOMEBOOK, warum und vor allem wie Sie Wildkräuter sammeln und verwenden können.

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„Brennnessel schlägt fast jedes Kulturgemüse“

Mehr „Bio“ geht wohl kaum: „Wildkräuter sind, wenn sie nicht gerade an einem konventionellen Acker stehen, in der Regel ‘Bio‘, regional, saisonal und dazu noch kostenlos“, weiß Manuel Larbig. Er ist studierter Biologe, Wildkräuterexperte und Gründer von Wildkräuterevents Berlin. Ob bei einem Kräuterspaziergang in den Parks der Hauptstadt, einer ganztägigen Kräuterwanderung vor den Toren der Metropole oder bei einem Kräuterkochkurs: Bei seinen Veranstaltungen vermittelt der Experte schmackhaftes sowie interessantes Wissen über essbare Wildpflanzen und zeigt, wie man Wildkräuter sammeln und verwenden kann.

Diese sind nicht nur essbar, sondern übertreffen in puncto Inhaltsstoffe ihre Vettern auf dem Acker um Längen:

Auch interessant: Die besten Heilkräuter für den Garten

Aus Wildkräutern lässt sich ein gesunder, schmackhafter Smoothie herstellen.
Für einen grünen Smoothie aus Wildkräutern mit Eis können Sie Sauerampfer, Pfefferminze, Petersilie, Brennessel und Löwenzahn sammeln und zusammen mit Banane, Limettenabrieb und Apfelsaft pürieren Foto: Getty Images

Achtung, tödliche Verwechslungsgefahr!

Statt jäten, heißt es nun also sammeln. Möchten Sie Ihre Alltagsküche mit Wildkräutern aufwerten, sollten Sie sich vor dem Sammeln aber unbedingt eingehend mit den kleinen Gewächsen beschäftigen. Und Sie sollten sehr genau hinschauen, denn: „Einige genießbare Wildkräuter haben giftige Doppelgänger, die sich teilweise zum Verwechseln ähnlich sehen.“

Klassiker der Pflanzen mit giftigem Doppelgänger:

  • Bärlauch – Maiglöckchen
  • Wunderlauch – Blaustern
  • Fichtennadeln – Eibe

Vor allem die Familie der Doldenblütler (Apiaceaen) gehöre zu einer eher schwierigen Familie, mit der man sich erst als Fortgeschrittener näher beschäftigen sollte. Teilweise soll es sehr giftige Arten geben, wie beispielsweise den gefleckten Schierling und den Wasserschierling. Diese würden anderen essbaren Arten, wie dem Wiesenkerbel und dem Klettenkerbel, auf den ersten Blick gefährlich ähnlich sehen.

Aus Bärlauch lässt sich Pesto herstellen
Bärlauch lässt sich wunderbar zu Pesto verarbeiten. Doch Vorsicht beim Pflücken: Die Blätter vom Bärlauch haben große Ähnlichkeit mit denen von Maiglöckchen. Foto: Getty Images

Auch interessant: Worauf Sie beim Wildkräuter-Pflücken in der Stadt achten sollten

So werden Sie zum „Wildkräuterfachmann“

Damit Sie dieser Verwechslungsgefahr aus dem Weg gehen und unbedarft Wildkräuter sammeln und verwenden können, empfiehlt Manuel Larbig: „Gehen Sie mit kräuterkundigen Freunden raus, lassen Sie sich Pflanzen zeigen, oder besuchen Sie einen Kurs. Sie würden ja auch nicht einfach wahllos Pilze sammeln und diese am Abend der Familie auftischen, wenn Sie gar keine Ahnung von Pilzen hätten.“

Vor allem am Anfang Ihrer Laufbahn als „Wildkräuterexperte“ sei neben Kursen spezielle Bestimmungsliteratur ideal. Von einfachen Bildbänden bis hin zu richtigen Bestimmungsschlüsseln: Die Auswahl an passender Lektüre ist groß. Mit dem angeeigneten Wissen können Sie guten Gewissens selbstständig auf Pflanzensuche gehen und neue Arten kennenlernen.

Auch Apps zur Bestimmung von Wildkräutern kann Manuel Larbig empfehlen: „Bei der ersten Benutzung dachte ich: ‘Na super, da kann ich mir ja einen neuen Job zulegen.‘ Diese Apps haben zwar nur eine Trefferquote von 80 bis 90 Prozent, da sich viele Merkmale nicht so leicht fotografieren lassen. Sie lassen sich aber zumindest zum Verifizieren von eigenen Pflanzenbestimmungen gut verwenden.“

Kleines Wildkräuter-Einmaleins

Auf Theorie folgt Praxis. Also raus auf die Wiese und sammeln! Wildkräuter können Sie mitunter im eigenen Garten finden und sammeln. Aber auch in der freien Natur können Sie wunderbar auf Wildkräuterpirsch gehen. Einiges gibt es dabei jedoch zu beachten. Manuel Larbig verriet myHOMEBOOK, wie Sie Wildkräuter richtig sammeln und verwenden:

Tipps zum richtigen Sammeln

  • Sammeln Sie mindestens 20 Meter von Straßen entfernt.
  • Sammeln Sie fernab von ehemaligen, möglicherweise belasteten Industrieanlagen.
  • Meiden Sie Seitenstreifen von konventionellen Ackerflächen, da diese unter Umständen mit Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt sind.
  • Die Morgen- und Abendstunden sind ideal zum Sammeln von Wildkräutern. Bei Hitze lassen Wildkräuter mittags ihre Blätter hängen.
  • Gesammelt werden können Blüten, Samen und Blätter der Wildkräuter (z. B. von Brennnessel, Giersch, Gundermann).
  • Mitunter kann die gesamte Pflanze gesammelt werden, wenn der Stängel nicht so faserig ist (z. B. Vogelmiere, Sternmiere, Hornkraut).
  • Sie können auch inulin- oder stärkereiche Wurzeln sammeln (z. B. Nachtkerze) oder Wurzeln mit Heilwirkung (z. B. Mädesüß).
  • Ein feuchter Baumwollbeutel ist ideal, um im Sommer Wildkräuter zu sammeln.
  • Für Anfänger eignen sich zum Sammeln besonders gut Brennnessel, Vogelmiere und Taubnessel.
  • Geschützte Arten und Wildkräuter in Naturschutzgebieten dürfen nicht gepflückt werden.
  • Es gilt: Pflücken Sie achtsam und nachhaltig. Trennen Sie nur ein paar wenige Zweige einer Pflanze ab, sodass diese sich regenerieren kann.
  • Nutzen Sie ein scharfes Messer oder eine scharfe Schere.
  • Ernten Sie entsprechend der „Handstraußregelung“ nur für den persönlichen Bedarf. Als groben Richtwert empfiehlt der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Größe eines Straußes, den „man in einer Hand zwischen Daumen und Zeigefinger umfassen kann.“

Tipps zum richtigen Verwenden

  • Waschen Sie die gesammelten Wildkräuter dreimal, so entfernen Sie Staub und Insekten.
  • Wildkräuter können Sie als Gemüse, im Nachtisch oder als Heilkräuter verwenden.
  • Am besten lassen sich Wildkräuter als interessante Beilage in Ihrem Speiseplan integrieren. Verwenden Sie diese zu Beginn nicht als einzige Zutat. Kombinieren Sie Wildkräuter mit Gewohntem, zum Beispiel Kartoffelsuppe mit pürierter Brennnessel.
  • Tipp, um skeptische Familienmitglieder an Wildkräuter heranzuführen: Verraten Sie erst am Ende des Essens, welche besondere Zutat im Gericht versteckt war. Auf diese Weise vermeiden Sie vorher mögliche Ressentiments.
Brennnessel kann für selbstgemachte Pflanzenjauche gesammelt werden.
Selbstgemachte Brennnnesseljauche ist ein wunderbarer Dünger für Ihre Pflanzen. Auf natürliche Weise versorgen Sie so Ihre Pflanzen mit Eisen, Kalk, Kali und Phosphor. Foto: Getty Images

Was ist dran am „Mythos“ Fuchsbandwurm?

Die Angst vor dem Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist weit verbreitet. Ist er aber nur ein längst überholter Mythos? myHOMEBOOK hat beim Wildkräuterexperten nachgefragt:

„Ich selbst habe diese Mär als Kind immer und immer wieder eingetrichtert bekommen. Mittlerweile weiß man, dass man sich nicht oral, sondern über die Atemwege ansteckt“, klärt Manuel Larbig auf. Gefährdet seien weniger Wildkräuterpflücker, sondern vielmehr Landwirte, die kontaminierten Ackerstaub einatmeten, Jäger und Hundebesitzer.

In der Tat gilt die Fuchsbandwurm-Erkrankung bei Landwirten als anerkannte Berufskrankheit. Das Risiko einer Fuchsbandwurminfektion sei entsprechend der Echinokokkose-Datenbank des Universitätsklinikums Ulm für Bewohner im ländlichen Bereich erhöht. In südlichen Regionen Deutschlands sei die Gefahr einer Infektion höher. Allgemein sei die Erkrankungswahrscheinlichkeit jedoch extrem gering, wie das Kompetenzzentrum Fuchsbandwurm-Erkrankung auf seiner Homepage erklärt.

Hier zu lesen ist jedoch auch, dass die Ansteckung über Wurmeier durch kontaminierte Hände auftreten kann. Etwa nach direktem Kontakt mit infizierten Endwirten, wie Fuchs, Hund oder Katze, an deren Fell die Eier haften können. Auch durch den Umgang mit kontaminierter Erde könne man sich infizieren. Die Möglichkeit der Übertragung durch kontaminierte Nahrungsmittel, wie Waldbeeren, Pilze beziehungsweise kontaminiertes Wasser, sei jedoch nicht geklärt. Der Verzehr von Waldbeeren konnte als Risikofaktor nicht bestätigt werden. Generell empfiehlt das Kompetenzzentrum Wald- und Wildbeeren – und eben auch Wildkräuter – vor dem Verzehr gründlich zu waschen.

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Diese Wildkräuter sollten Sie kennen

Brennnessel (Urtica dioica)

Gepflückte Brennnesselblätter können zum Kochen oder auch für medizinische Zwecke verwendet werden
Schmeckt nicht nur uns Menschen: Brennnessel ist eine wichtige Nahrungsquelle für viele Schmetterlingsraupen Foto: Getty Images

Möchten Sie Wildkräuter sammeln und verwenden, dürfen Sie gern mit der Brennnessel liebäugeln. Vor allem für Anfänger ist das Wildkraut – übrigens eines der ältesten Heilkräuter der Menschheit – ideal. Als wahrer Tausendsassa eignet sich die Brennnessel als Heilkraut, Lebensmittel und zudem als Pflanzendünger. Gesundheitliche Beschwerden, wie Arthrose, Arthritis, Prostatabeschwerden und Blasenprobleme vermag sie wissenschaftlich nachgewiesen zu lindern.

Auch interessant: Günstiger Naturdünger! Wie Sie Brennnesseljauche selbst herstellen

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Auch Schafgarbe ist ein vielseitig einsetzbares Wildkraut
Der Legende nach soll bereits Achilles im antiken Griechenland Schafgarbe zum Blutstillen angewendet haben. So wollte er sich und seine Soldaten von den Trojanern bewahren. Foto: Getty Images

Sie finden sie auf Wiesen und an Wegrändern – und vielleicht auch in Ihrem Garten: Schafgarbe kann als Tee, verwendet werden. Der volkstümliche Name Bauchwegkraut verrät schon einen Anwendungsbereich. So ist Schafgarbe bei Verdauungsproblemen, aber auch Menstruations- und Wechseljahrsbeschwerden, Kopfschmerzen und Rheuma eine beliebte, wie klassische Heilpflanze.

Löwenzahn (Taraxacum officinale)

Löwenzahn ist ein vielseitig einsetzbares Wildkraut
Ob als Tee, Salat, Tinktur, Pflanzensaft, Löwenzahnwurzelextrakt oder Kaltwasserauszug: Löwenzahn kann auf vielfältigste Weise verarbeitet werden Foto: Getty Images

Im Frühling finden Sie Löwenzahn an fast jeder Ecke. Im Rasen bringt sein Anblick Gartenbesitzer zum ärgerlichen Stirnrunzeln. Doch das „Unkraut“ hat großes Potenzial als Heil- und Küchenpflanze. Fast so vielfältig wie seine volkstümlichen Bezeichnungen (Butterblume, Kuhblume oder Gemeiner Löwenzahn) ist seine Heilwirkung. Als Tee oder Tinktur vermag er unter anderem Rheumatismus, Appetitlosigkeit und Hautleiden zu lindern. Die Blätter und Blüten können Sie im Frühling sammeln. Seine Wurzeln dagegen im Frühling und Frühherbst. Auch im Pesto macht sich Löwenzahn besonders gut.

Giersch (Aegopodium podagraria)

Gepflückte Gierschblätter eignen sich im Salat
Die jungen Blätter des Giersch können Sie im Frühling wie Salat oder Spinat zubereiten Foto: Getty Images

Schon sein Name lässt bei vielen Gartenbesitzern die Alarmglocken läuten: Giersch gilt als lästiges und hartnäckiges Unkraut, das man nie wieder loswird. Statt ihn zu verteufeln und auszureißen, können Sie das Wildkraut von April bis Juli auch sammeln und verwerten. Einst wurde das Wildgemüse sehr geschätzt, um Gicht oder Rheumatismus zu lindern. Kulinarisch können Sie Giersch für Risotto verwenden.

Gänseblümchen (Bellis perennis)

Auch das Gänseblümchen ist ein vielseitig einsetzbares Wildkraut
Wächst fast überall: Das Gänseblümchen zählt zu den bekanntesten Pflanzenarten in Europa Foto: Getty Images

Möchten Sie Wildkräuter sammeln und verwerten, können Sie gern zum Gänseblümchen greifen. Die leuchtend weiß-gelben Farbtupfer können Sie bei vielerlei Leiden einsetzen. So regen die kleinen Blüten zu Tee verarbeitet unter anderem den Stoffwechsel, die Verdauung und den Appetit an, lindern Hautausschläge und heilen Wunden. Als essbare Dekoration verzieren und bereichern sie gleichermaßen Gerichte. Wunderbar lassen sie sich, wie Schafgarbe auch, zu Suppen verarbeiten.

Baldrian (Valeriana officinale)

Baldrian ist ein Wildkraut, das als Allheilmittel genutzt werden kann
Baldriangewächse können bis zu 1,80 m groß werden und wurden schon im antiken Griechenland als Allheilmittel genutzt Foto: Getty Images

Beim Sammeln von Wildkräutern dürfen Sie auch nach diesem wertvollen Wildkraut Ausschau halten. Mit seinem angenehmen, zarten Duft und den rosafarbenen Blüten ist Baldrian nicht nur hübsch anzusehen. Vielmehr können Sie die Blüten im Hochsommer und die Wurzeln im Herbst sammeln. Verarbeitet zu Tee oder einer Tinktur kann Baldrian Schlafprobleme, Prüfungsangst, Verspannungen, Unruhe, Magenkrämpfe oder Blähungen kurieren.

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